Rückschau Technologieforum: Sensortechnik als Enabler für die Landwirtschaft 4.0

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Technologieforum on the road am TC Parsberg-Lupburg
Hohes Potential: bis zu 90 % der Menge an Pflanzenschutzmittel einsparen

Welchen Beitrag leisten Sensoren und neue intelligente Systeme für eine nachhaltige und effiziente Landwirtschaft von morgen? Mittlerweile ist diese Fragestellung auf allen Ebenen angekommen. Die Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bis zum Jahr 2028 um bis zu 50 % hat die Bayerische Staatsregierung im Maßnahmenpaket zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheiten in Bayern z.B. festgelegt. Unser Technologieforum Agrarsensorik gab Antworten in Form von aktuellen Forschungsprojekten und Start-up-Pitches aus dem Sensorik-Netzwerk. Im Anschluss an das Forum tagte der Fachkreis „Agrarsensorik“. Ziel hiervon ist es, neben einem fachspezifischen Austausch weitere offene Forschungsfragen aufzugreifen. Details hierzu folgen in einem separeten Beitrag in Kürze.

Precision-Farming, Smart Farming, digitale Landwirtschaft – Sensortechnik spielt eine entscheidende Rolle in der Landwirtschaft. Bedarfsgerechte Düngung durch optische Sensoren, gezielte Erkennung und Bekämpfung von Beikräutern über Kamerasysteme oder auch automatisiertes Fahren mit GPS, Radar und Co. sorgen für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Landwirtschaft.

Hochintegrierte nano-optische Filter

Dr. Stephan Junger, Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, präsentierte miniaturisierte und kostengünstige optische Sensoren, bei denen die spektralen Filter zusammen mit den optischen Detektoren und der Signalverarbeitung direkt in einem CMOS-Halbleiterprozess hergestellt werden können. Im BMBF-geförderten Forschungsprojekt „INFIMEDAR (Hochintegrierte nano-optische Filter für Agrar-Sensorik)“ werden diese Multispektral-Sensoren zur Messung mit hoher Ortsauflösung verwendet,

um eine abgestimmte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu ermöglichen und damit deren erforderliche Menge deutlich zu reduzieren – bis zu 90 % der Menge an Pflanzenschutzmittel können eingespart werden mit einer auf die jeweilige Pflanze abgestimmten Anwendung. Laut Junger werden inzwischen auch weitere Einsatzszenarien diskutiert, u.a. im Bereich Vertical Farming und der Echtzeiteinsatz in Roboterplattformen.

Innovative Unkräuter-Identifikation durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz

Der Technologie Campus (TC) Parsberg-Lupburg ist noch nicht einmal zwei Jahre in Betrieb und schon kann er für anwendungsnahe Hightech-Forschung Fördermittel des Bundes in Anspruch nehmen durch das Projekt KIdetect. Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) in der Bildverarbeitung und dem Einsatz von neuartigen Multispektral-Kameras und Bildsensoren wollen der TC, die Universität Passau, die PCO AG (Kelheim) sowie die Fritzmeier Umwelttechnik GmbH aus Großhelfendorf das Wachstumszentrum von Unkräutern zuverlässig identifizieren. „Effektiv und selektiv entfernen“ – so die Kurzversion des Projektziels. Bisher existiere kein Bildmaterial im SWIR-Bereich. „Von der SWIR-Technik erhoffen wir uns nun eine bessere Erkennung“, so Martin Scherl. Stängel führen mehr Wasser als die Blätter und heben sich dadurch im SWIR-Bereich deutlich ab, so seine Erklärung. Vor dem Campus ist ein Container platziert: „Wir nutzen ein Vertical-Farming-System als Forschungsumgebung“, erklärt Anton Schmailzl, Leiter des TC.

Trainingsdaten via Drohnen: Validierung im Rahmen der „Moving Fields

An der TU München werden aktuell innovative Ansätze der smarten Digitalisierung zur automatischen Unkrauterkennung mittels Fernerkundung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen untersucht und entwickelt. Zum Einsatz kommen hier Drohnen. „Wir können Unkraut und Sorghum mit Standardmodellen der KI bereits sehr gut erkennen“, so Prof. Dominik Grimm, der mit seinem Team am TUM Campus Straubing beheimatet ist. Die Erarbeitung weiterer Trainingsdaten und deren Validierung erfolgt im Rahmen der „Moving Fields“ der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), dem Wissens- und Dienstleistungszentrum für die Landwirtschaft in Bayern. Die Energiepflanze Sorghum wird vor allem für die Biogasproduktion angebaut. Gerade unter den extremen Witterungsbedingungen der letzten Jahre mit heißen und trockenen Sommern konnte sie den aktuellen klimatischen Veränderungen trotzen.

„Hempinator“ kombiniert Ernte von Stängel und Blüte

Philipp Flierls Forschungs- und Projektgruppe SHT an der OTH in Regensburg beschäftigt sich mit neuartigen Ernteprozessen. „Unsere Schlüsselinnovation: Wir betrachten die ganze Pflanze!“, so Flierl, der den Hempinator vorstellte. Dies ermögliche einen schonenderen Umgang z.B. mit den Pflanzenstängeln. „Die Stängel können dann in hoher Materialqualität für biobasierte Kunststoffe genutzt werden.“ Ausgelegt ist das System v.a. für die Nischenkulturen, z.B. Nutzhanf. Anders als beim aktuellen Stand der Technik werden beim Ernteprozess zunächst die Frucht- und Blütenstände von den Halmen und Stängeln getrennt. Die tatsächliche Körnergewinnung erfolgt bei diesem Mähseparatorprinzip erst danach. Beim Hempinator handelt es sich um die weltweit einzige Maschine zur kombinierten Ernte von Hanfsamen und hochqualitativen Hanfblüten.

SEPP macht den grünen Daumen überflüssig

Für alle ohne grünen Daumen und ohne Zeit, sich eine ganze Saison um ein Gemüsebeet zu kümmern, gibt es nun einen Helfer: Seit August 2020 verfolgen vier Studierende der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) die Vision, mit ihrem Start-up „SEPP“ einen Gartenroboter für Hobbygärtner zu entwickeln. „SEPP“ steht für Smart Efficient Plant Production. Gefördert wird das Unternehmen durch ein EXIST-Gründerstipendium der Bundesregierung, betreut wird es vom Team des Start-up-Campus der THD. Für Hobbygärtner soll durch die Automatisierung des Gemüsebeets der Anbau von Gemüse im heimischen Garten erleichtert werden – möglich ist dies ohne Unterbrechung, schließlich kann „unser Apparat 24/7 arbeiten“, meint Andreas Stockinger.

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